
Tutti Frutti, als es noch Dörrfrüchte hiess und nicht vom Privatfernsehen zum Geldscheffeln missbraucht worden war
Was ist bloss mit der NZZ am Sonntag los? Jetzt bietet die wirklich schon fast jedem libertären Eiferer der Nation eine Tribüne, um sein Geschwafel rund um die digitale Weltordnung abzusondern. Neulich war es ein gewisser René Scheu, „Philosoph und Herausgeber des liberalen Magazins Schweizer Monat“ . Der hält den öffentlichen Rundfunk ernsthaft für ein Relikt aus der „vordigitalen Zeit“– eine heilige Kuh namens Service Public, die dringend geschlachtet gehört.
Wie in staatszersetzenden Kreisen so üblich, verhöhnt er jene Politiker, die sich für das Schweizer Radio und Fernsehen einsetzen. Dabei geht es ihm eigentlich bloss darum, dass dessen Berichterstattung für seinen Geschmack zu wenig spiessig ist, weil es „keine Gelegenheit versäumt, gegen unterstellte Tendenzen politischer Abschottung aller Art mobil zu machen“. Überhaupt: Der Anteil der Unterhaltungsformate nähme laufend zu und „öffentlich-rechtliches und privates Fernsehen gleichen sich zunehmend an“. Ja nun, das ist kein Wunder, wenn man dem SRF dauernd am Budget herumstreicht und dafür den Privaten Jahr für Jahr Millionen an Gebührengeldern in den Rachen stopft.
Doch, was hat das mit der Digitalisierung zu tun? Dazu bemüht Herr Scheu den wissenschaftlichen Beirat des deutschen Finanzministeriums – also einen dieser Schäuble-Klubs. Der soll angeblich zum Schluss gekommen sein, dass es angesichts der „technischen Entwicklung keine triftigen Gründe mehr gibt, warum der Rundfunkmarkt wesentlich anders organisiert sein sollte als der Zeitungsmarkt. Also ohne qausistaatlichen Player.“
Abgesehen davon, dass der letzte Satz ein amputierter ist (wo bleibt das Korrektorat?): Dem guten Mann, scheint entgangen zu sein, dass die Zeitungen insgesamt Jahr für Jahr schlechter werden. Vielleicht nimmt er sich ja mal etwas Zeit und liest dazu bei Kurt Imhof selig nach. Der Massstab heute sind jedenfalls eiligst zusammengeklickte Pendlerzeitungen, die zu nicht viel mehr taugen, als dem Volk vorzugaukeln, es sei informiert, nachdem es selbige konsumiert hat. Auf dem Niveau bewegt sich auch das Gros der Privatsender und dort soll nun auch das SRF hin.
Was die Digitalisierung der Medien angeht: Die hat ja noch kaum einem wirklich gut getan – zumindest, was die journalistische Seite angeht. Wirtschaftlich gesehen sieht das natürlich anders aus. Mit digitalen Produktionsmitteln lässt sich das Geschmurgel, das uns vielerorts serviert wird, deutlich billiger, schneller und mit weniger Leuten produzieren als je zuvor. Das freut dann wenigstens die Investoren, nicht wahr, NZZ?