Hurrikan Irma hat sich aufs Meer verzogen und die nächste Verwüsterin, Hurrikan Maria, ist schon unterwegs. Für die Medien sind diese Wirbelstürme ein gefundenes Fressen. Damit kann man unzählige Stunden Fernsehmaterial senden und wunderbare Geschichten über Zerstörung, Trauer und Elend erzählen. Die Aufmerksamkeitsstatistiker kommen aus dem Fingerabschlecken nicht mehr heraus. Und wie immer produzieren solche Ereignisse auch Helden.
Update durch die Luft
Meistens sind es die üblichen Verdächtigen: Feuerwehrleute, Rettungsmannschaften, Polizisten oder Privatpersonen, die kleine Viecher vom Baum retten. Dieses Mal kommt aber eine neue Person dazu: Elon Musk. Der Chef von Tesla. Sein Unternehmen hat vom Hurrikan Irma betroffenen Fahrern seiner Elektromobile eine zusätzliche Funktion gewährt. Sie durften für die Flucht vor dem Unwetter zum ersten Mal ihre ganze Batterieladung ausschöpfen. Tesla verschickte dafür auf die Schnelle, ohne grosse Ankündigung, ein Softwareupdate durch die Luft und setzte dem ganzen Zauber auch ein Ablaufdatum. Am 16. September war der Spuk schon wieder vorbei. Wie bei einer App auf einem Smartphone.
Von der netten Geste zur Preis-Diskriminierung
Die Reaktionen in den Medien waren unterschiedlich. Während im Business Insider von einer netten Geste die Rede war, berichtete man auf dem Nachrichtensender CNN und dem Portal The Verge neutral über die Sache. Kritischer hingegen wird im Guardian darüber geschrieben. In Artikel wird immerhin das Thema Preis-Diskriminierung erwähnt. Ausserdem stellt der Autor die Frage, ob sich der Kunde vielleicht nicht ein wenig betrogen fühle. Der Experte meint am Ende nur: „Gewöhnen sie sich daran“.
Konsumgüter-Elektronik trifft auf die Autobranche
Ähnlich kritisch ist das deutsche Magazin Der Spiegel. Der Autor sieht darin letztlich eine PR-Aktion. Es würde sich ja nicht besonders gut machen, wenn Teslas auf der Flucht vor dem Unwetter liegen bleiben würden. Und damit liegt er sicherlich nicht falsch. Interessant ist auch die Feststellung in einem Artikel der New York Times. Ein Analytiker einer Bank hält fest: „Du bringst damit eine Mentalität aus der Konsumgüter-Elektronik in ein langlebiges Produkt“. Meinen tut er: Da prallen zwei Welten aufeinander. Kritisch hinterfragt oder eingeordnet wird aber auch hier nicht.
Wem gehört eigentlich mein Auto?
Die Frage, die mir bei der ganzen Sache in den Sinn kam, wurde aber nirgends gestellt. Wenn der Hersteller nach Gutdünken Funktionen übers Netz ein und ausschalten kann: Wer hat über welche Eigenschaften die Kontrolle? Und wenn ich die Kontrolle nicht habe, gehört mir der Wagen eigentlich noch?