E-Voting: Wieso eigentlich?

Noch im April liess sich der (Schweizer) Bundeskanzler Walter Thurnherr mit dem Satz zitieren: „Das ist ein Signal zugunsten der politischen Rechte im 21. Jahrhundert. Es ist jetzt Zeit.“ Gemeint hat er damit die Einführung des E-Votings in der Schweiz. Was für ein schönes Zitat: Es klingt so bedeutungsschwanger und doch kann man es nur auf den letzten Satz reduzieren: „Es ist jetzt Zeit.“ Der Bundesrat will also jetzt ernst machen mit dem elektronischen Abstimmen und Wählen. Der Rest ist blabla.

Eine schwarze Holztafel mit der weissen Aufschrift: Polling Station.

Ist es wirklich Zeit, das E-Voting einzuführen? Es ist einfach nicht sicher.

Geht’s wieder einmal um Geld?
Ich frage mich nur: Wieso eigentlich? Funktionieren unsere bisherigen Prozeduren plötzlich nicht mehr? Ist jemand davon ausgeschlossen?  Ich höre keine Klagen. Liegt es daran, dass man glaubt, dadurch die Wahl- und Abstimmungsbeteiligung zu erhöhen? Kann der Bund damit Geld sparen? Vermutlich geht es darum, dass gewisse Unternehmen Geld damit verdienen wollen. So wie z. B. die Post. Die schreckt dann auch nicht davor zurück Sätze wie diesen zu verbreiten: „Als die vertrauenswürdige Übermittlerin von über 20 Mio. Sendungen mit Stimmunterlagen und brieflichen Stimmabgaben pro Jahr ist die Post dazu prädestiniert, mit E-Voting auch bei der elektronischen Stimmabgabe für den sicheren und vertraulichen Transport von Stimmen zu sorgen.“ Das ist Schwachsinn der Extraklasse.

Digitalisierung hat an sich keinen Wert
Nur weil etwas digitalisiert werden kann, muss man es nicht gleich tun. Digitalisierung ist kein Wert an sich. Sie ist lediglich ein Mittel zum Zweck. In diesem Fall steht ein erhoffter kleiner Nutzen (erhöhte Wahlbeteiligung) einem grossen Risiko des Missbrauchs gegenüber. Und  das Missbrauchsrisiko ist sehr klar und konkret. Sobald Informatik und eine Datenbank ins Spiel kommen, steigt das Missbrauchspotenzial rasant. Zu glauben, man könne sichere Systeme herstellen, ist reines Wunschdenken. Es gibt keine sicheren Systeme. Es ist nur eine Frage des Anreizes.

Restlos alle Wahlmaschinen in den USA haben versagt
Die vielen Nachrichten der letzten Jahre über den Verlust von ganzen Datenbanken mit sensiblen Informationen sollte uns zu denken geben. Aber mehr noch: Die Ergebnisse eines Versuches an der Sicherheitskonferenz DEF CON Ende Juli 2017 in Las Vegas sprechen eine eindeutige Sprache. Hackern und Sicherheitsexperten wurden 30 ihnen unbekannte Wahlmaschinen zum Spielen bereitgestellt. Alle 30 Wahlautomaten wurden in wenigen Minuten bis mehreren Stunden gehackt. Bei der einen Maschine war es nicht mal nötig, physisch Hand anzulegen. Sie war, wie unglaublich dumm, per W-Lan ans Netz angeschlossen. Eine andere hatte noch Teile des Wahlregisters auf der Festplatte. Alle Maschinen waren gebraucht online gekauft und vorher in Betrieb gewesen. Ein erschreckendes Ergebnis.

Was soll man dazu noch sagen? Im Fernsehkrimi hiesse es jetzt vom Staatsanwalt: „Euer Ehren, ich habe keine weiteren Fragen.“ Die Beweisführung ist abgeschlossen.