Glückauf!

Da wollte unser lieber Herr Bundespräsident Schneider-Ammann letzthin wieder mal richtig auf die Pauke hauen. 50 „Digital Shapers“ hat er zusammengetrommelt, um sich publikumswirksam mit ihnen um die digitale Zukunft der Schweiz zu sorgen. Herausgekommen ist das „Digitale Manifest für die Schweiz“ – ein Papierchen, von dem man sich fragt, ob’s wohl gar der Trumpschen Wahlkampfküche entflattert sein könnte.

Den Wirbel hör ich wohl, Herr Präsident, nur die Botschaft will sich nicht erschliessen. (Bild: Trommler, 1512, Scan by NYPL via Wiki Commons)

Den Wirbel hör ich wohl, Herr Präsident, nur die Botschaft will sich nicht erschliessen. (Bild: Trommler, 1512, Scan by NYPL via Wiki Commons)

Doch der Reihe nach. Was sind eigentlich „Digital Shapers“, wie wird man zu so einem und warum wurde ich zu der Sause nicht eingeladen? Wenn ich das Gruppenbild so ansehe, denk ich mir, da würde ich doch eigentlich recht gut reinpassen. Ein Mann bin ich jedenfalls, und das scheint eines der Hauptkriterien gewesen zu sein. Gut, vielleicht bin ich ja kein Shaper? Ein Shaper ist nach Fremdwörterduden so etwas wie ein Former, Gestalter. Mal ehrlich, hätten Sie’s gewusst? Wie auch immer – die Bloggerei hier scheint mich in Herrn Schneider-Ammanns Augen jedenfalls noch nicht als Shaper zu qualifizieren. Damit kann ich leben. Und immerhin, hier hat wieder jemand einen konstruktiven Beitrag zum Managervokabular geleistet. Wurde auch Zeit – mit „Opinion Leaders“ und „Decision Makers“ lässt sich ja schon kaum mehr imponieren.

Zurück zum Manifest: Eigentlich ist es nicht der Rede wert. Wer sich hin und wieder Schundliteratur à la „Wired“ gönnt und die neoliberalen Traktätchen der letzten 30 Jahre nicht komplett verpasst hat, wird nichts Neues finden. Ein Müsterchen: „Regulierung muss primär neue Ideen ermöglichen, statt bestehende Geschäftsmodelle schützen. Geltende Gesetze sollen auf ihre Tauglichkeit für die digitale Transformation überprüft werden.“ Will heissen: Der Staat ist eigentlich ja nur dazu da, den Unternehmern das Leben so weit wie irgend möglich zu versüssen. Schliesslich sind sie ja die wahren Helden unserer Zeit. Das meinen die Bauern schon lang und die Banker neuerdings auch wieder.

Ganz putzig auch: „Neue Ideen dürfen nicht besteuert werden, bevor sie Gewinne abwerfen. Firmengründer, Investoren und Mitarbeiter, die sich an einem Start-up beteiligen, dürfen steuerlich gegenüber einem klassischen Investment am Kapitalmarkt nicht benachteiligt werden.“ Nett gemeint, liebe Shapers, aber falsch gedacht. Nicht die Besteuerung der Start-ups ist das wesentliche Problem unserer Zeit, sondern die Nichtbesteuerung des global schmarotzenden Kapitals.

Und besonders gut gefällt mir noch: „Grosse etablierte Firmen haben die Aufgabe, ihre Geschäftsmodelle im digitalen Umfeld kannibalisieren zu lassen und die Zusammenarbeit mit Start-ups zu unterstützen und zu fördern.“ Na dann, glückauf!