Gegen Ende des Jahres wird man in der Glotze mit Jahresrückblicken so lange belästigt, bis man sich wünscht, der Rest des Jahres möge bitte ganz schnell ein Ende finden. Leider liegt es in der Natur der Sache, dass nur auf diejenigen Dinge zurückgeblickt werden kann, die zuvor medial auch stattgefunden haben. Trotzdem: diese Tage der Rückbesinnung haben auch etwas Gutes. Sie erinnern mich daran, was man dieses Jahr nicht oder kaum erfahren hat, wenn man sich nur in den sogenannten Qualitätsmedien umhergetrieben hat.

Ein corpus delicti: Eines der sogenannten staatszersetzenden Werbebilder für Facebook. Bei genauer Betrachtung steckt da wenig Raffinesse drin.
Nicht einmal die Hälfte des Geldes vor den Wahlen ausgegeben
Ein Beispiel ist das ganze Brouhaha um die Meistermanipulatoren aus Russland, die die Wahlen dem Donald zugeschanzt haben sollen. Es wäre nett gewesen zu erfahren, dass von den 100 000 US-Dollar (die diese russisch-staatliche Trollfabrik gebraucht haben soll um die Wahlen zu kippen) nur gerade 46 000 Dollar vor dem Wahltag ausgegeben wurden. Der Rest dieser sogenannten staatszersetzenden Anzeigen wurde nach den Wahlen geschaltet. Ist das nicht raffiniert? Ich bin sicher, diese Trolle lernten ihr Handwerk an Webinaren mit Machiavelli höchstpersönlich.
Facebook steckt in der Argumentationsgülle fest
Es wäre nett gewesen zu hören, was ein Facebook-Werbe-Experte zu diesem Thema zu sagen gehabt hätte. Was kann man mit diesen Beträgen wirklich erreichen? Meiner Erfahrung nach ist das ein derart kleiner Tropfen auf den heissen Stein, dass es schlichtweg eine grobe Veruntreuung von Staatsgeldern ist, sich darüber den Kopf zu zerbrechen. Die Politiker, die von der Materie keinen blassen Schimmer haben, sind natürlich scharf darauf herauszufinden, wie man sich Wahlen für wenig Kohle unter den Nagel reissen kann. Der einzige Wehrmutstropfen ist, dass Facebook und die anderen grossen Plattformen in der Argumentationsgülle stecken: Sie können diese „russische Einflussnahme“ weder abstreiten, noch zugeben, dass ihre Werbung eigentlich gar nicht so wirkungsvoll ist, wie sie immer behaupten.
Was macht Uber eigentlich so wertvoll?
Es wäre auch schön gewesen dieses Jahr mal erklärt zu bekommen, welches Geschäftsmodell wirklich hinter dem Taxi-Dienst Uber steht. Hierzulande wird ständig nur darüber berichtet, welche Gesetze letzthin gebrochen wurden und wer gerade die Nummer eins auf der internen Macho-Liste ist. Erklärungen oder Vermutungen zum eigentlichen Geschäftsmodell sehe ich keine. Das Unternehmen ist ja immer noch weit davon entfernt, profitabel zu sein. Wenn man dann noch verfolgt, wie stark sich Uber an seine von den Leuten gewonnenen Daten klammert, könnte man meinen, dass es eigentlich ums Verhökern von Mobilitätsdaten geht. Nein, stattdessen wird mir dargelegt, was der Staat von Uber und Co. lernen könnte.
Überlebensstrategie?
Es wäre nett gewesen, solche Analysen zu hören, denn das soll ja gemäss den Medienhäusern die neue Überlebensstrategie des Journalismus sein. Ja, es wäre nett gewesen… aber wie sagen es unsere nördlichen Nachbarn: „Hätte, hätte, Fahrradkette!“