Hach, was waren das noch für Zeiten, als Frauen ungebetene Avancen noch mit einer schallende Ohrfeige quittierten. Hochrot, mit einem bleichen Handabdruck im Gesicht, zogen sich die öffentlich gedemütigten Herren jeweils zurück und frönten anschliessend dem tröstenden Alkohol. Oder gab es das nur im Fernsehen? Ich weiss es nicht, denn mir ist das nie passiert. War es mir doch jeweils von vorneherein schon klar, wann eine Annäherung keine Aussicht auf Erfolg haben würde. Heute ist das scheinbar anders.

Betrunken in Mexiko: Hoffentlich ist die Netzabdeckung gut. Sonst wirds schwer mit der elektronischen Zustimmung.
Nein meint nein
Wenn eine Frau „Nein“ sagt, dann gibt es an diesem Wort nichts zu deuteln. Die Selbstverständlichkeit dieses Satzes sollte sich in zivilisierten Ländern eingestellt haben. Dem scheint aber nicht so. Sonst gäbe es keine Erklärung für einen langsamen aber aktuellen Trend in den USA und dem Vereinten Königreich, der uns hier in der digitalen Provinz hoffentlich nie erreichen wird. Man könnte ihn Consent-Hype (Einverständnis) nennen.
Ein Checkliste mit fünf Punkten
Kürzlich führte eine Universität in Kalifornien einen „Consent Carnival“ (Einverständnis-Karneval – Karneval, da stimmt schon mal zumindest die besoffene Grundstimmung) durch, um den offensichtlich versauten männlichen Studenten klar zu machen, wann eine Frau ihr Einverständnis zu sexuellen Avancen und Handlungen gegeben hat und wann nicht. Eine Checkliste (beklebt mit der Schleichwerbung eines Süssigkeitenherstellers) soll auch dem dümmsten Studenten das korrekte Verhalten während jedem möglichen Geisteszustand ermöglichen.
Die Lösung für den Medienbruch
Mit einem bunten Strauss an Stichwörtern wurde gleichzeitig auch beinharte Aufklärungsarbeit geleistet: Von A wie Autonomie der Frau bis P wie Pansexualität. Während Studenten und Studentinnen bemängelten, dass das Thema Alkohol nicht besprochen wurde, hätte ich an einem anderen Punkt Zweifel an der Nützlichkeit der Veranstaltung gehabt: beim Medienbruch. Können womöglich vollgetrunkene Studenten (und um die geht es ja schliesslich) überhaupt noch irgendetwas auf die Reihe bekommen (geschweige denn eine rechtsgültige Einverständniserklärung) wenn es ihnen Siri oder Google Now nicht vorkaut? Zum Glück konnte ich nach einer kurzen Recherche diesen beunruhigenden Gedanken ad acta legen: Es gibt dafür eine App!
Naheliegend für Facebook
Es enttäuscht mich allerdings ein wenig, dass Facebook oder Tinder noch nicht auf diesen Zug aufgesprungen sind. Dort lernen sich doch die Leute kennen. Wieso nicht auch gleich dort das Administrative erledigen? Natürlich verbunden mit einem Statusupdate: „Manuela und Peter haben sich darauf geeinigt, Körperflüssigkeiten auszutauschen. Wünscht ihnen viel Vergnügen!“ Gerade für Facebook, verwurzelt im College-Verkehrs-Geschäft, wäre das naheliegend gewesen. Aber vielleicht kommt das ja noch. Facebook kauft ja gerne schon bestehende Netzwerke auf.