Grundversorgt

Dem alten Onkel Ferdinand haben „die da oben“ vor drei Wochen sein Fernsehen abgestellt. Klar, er war zuvor angeschrieben worden, dass „die Verbreitung des analogen TV-Signals über terrestrischen Funk eingestellt wird“. Aber man hatte ihn versichert, dass „inskünftig die Grundversorgung der Bevölkerung über das digitale DVB-T sichergestellt“ werde.

Eine Fernbedienung mit Klebeband

Von diesen Tasten sollst du die Finger lassen, Ferdi.

„Sichergestellt“ klang gut und damit hatte sich die Sache für ihn erledigt. Doch dann kam der Abend, an dem er statt des Musikantenstadels nur den schwarzen Bildschirm sah. Die Wut war gross. Sie wich indes rasch der Verzweiflung, als am nächsten und am übernächsten Tag auch kein Bild mehr zu bekommen war.

Ferdi tat, was er in solchen Fällen immer tut: Er jammerte seiner Verwandtschaft die Ohren voll. Viel brachte das vorerst nicht, weil ja alle längst schon digital fernsehen und beim besten Willen keine Ahnung hatten, was hier zu tun wäre. So ging das hin, bis sich seine Lieblingsnichte der Sache annahm. Sie besorgte das nötig DVB-T-Kistchen und schloss es an. Sie erklärte ihm begeistert, dass er ab sofort nicht mehr nur drei Sender sehen könne, sondern so gegen die 20 und teilweise gar in HD. Ferdi interessierte das wenig, er war bloss froh, sich wieder grundversorgt zu wähnen.

Dummerweise zeigte sich rasch, dass Ferdi nicht begriff, warum er zwei Fernsteuerungen für einen (1!) Fernseher brauchen sollte. Er hatte keine Ahnung, was auf der Alten, was auf der Neuen zu steuern wäre. Die Nichte – per Telefon alarmiert – versucht ihm das viele Male zu erklären. Sie übte mit ihm das begleitete TV-Starten. Sie klebte all die Tasten der alten Fernbedienung mit Klebeband ab, die Ferdi nicht bedienen sollte. Sie fotografierte die Menus der DVB-T-Box mit dem Handy, um ihm telefonisch leichter auf den richtigen Pfad zurück zu lotsen. Alles vergebens, der alte Herr war nicht ins digitale Zeitalter hochzuhieven.

Unterdessen pfeift der alte Schwerenöter komplett aufs Digital-TV. Er hat nämlich eine flotte Rentnerin in der Nachbarschaft entdeckt. Bei der klopft er immer öfter mit einer Flasche unterm Arm an. Dem Vernehmen nach pflegt man dann das gemeinsame Kartenspiel, geht essen und besucht hin und wieder ein Konzert.