Wir befinden uns in einer dieser protzigen neoklasizistischen Konzerthallen, von denen in der Welt noch immer viel zu viele stehen: Aus dem dunklen Bühnenhintergrund tritt ein graues Männlein. Das Publikum johlt.
Das propere blaue Hemd wirkt ein wenig eng über dem leichten Bauchansatz. Die Jeans ist sauber gebügelt. Dazu gibt es Lehrergesicht mit Brille, die Haare, korrekt gescheitelt, links. Etwas fahl wirkt es, das Männlein auf der viel zu grossen Bühne. Doch es dreht wacker eine Runde und winkt und winkt und lächelt, so gut es eben geht, in solch aufregenden Momenten.
„Danke! Danke!“, winke, winke. Das Volk gerät langsam aus dem Häuschen, klatscht sich die Hände wund, als sei es in eine dieser wüsten deutschen Koch-Shows geraten.
„Guten Morgen! Guten Moorgeeen!“ Jetzt schenkt es dem Volk gar ein keckes kleines Joe-Ackermann-V.
„Danke, fürs Kommen!“ würgt es aus einem Hals, der bereits schon trocken zu laufen droht. Auf den Rängen wird eifrig gefilmt.
„Willkommen in San Francisco und im legendären Bill Graham Civic Auditorium! Wir sind ja soo aufgeregt, hier zu sein, heute Morgen! Und wir sind soo glücklich, dass soo viele Menschen aus der ganzen Welt mit uns zusammen sein können – inklusive vieler unserer Mitarbeiter – hallo Jungs!“ Wieder winkt es in die Finsternis hinein. Dort fangen die Mädels zu kreischen an, die Jungs pfeifen, die Opas klatschen, die Omas ringen ihre Hände – 5 Sekunden, 10 Sekunden, 15 Sekunden.
„Es war ein unglaubliches Jahr für …“ ja, für wen denn eigentlich? Für den Regionalsparkassenverein Kalifornien? Für die Mormonengesellschaft, die sich mal wieder eine Delegiertenversammlung im sündigen Süden gönnt? Oder für den Weltverband der Motivationstrainer und -innen?
Falsch, falsch, falsch! Wir sind hier zu Gast bei einem Fabrikanten elektronischer Konsumgüter, der ein paar Verbesserungen für seine Gerätchen ankündigt. Das ist ja nett und nötig, aber was bitte gibt es denn da zu johlen? Und wer zum Geier ist dieses graue Männlein?