Verschiedene Schulen im US-amerikanischen Staat Kalifornien gehen mit Vollgas den digitalen Weg: Sie verwenden Class Dojo. Bei Class Dojo werden Kinder, Lehrer und Eltern in ein Bewertungssystem eingebunden. Die Lehrkräfte bewerten, mit einem Tablet ausgerüstet, die Kinder während des Unterrichts durch die Vergabe von Punkten und kommentieren diese falls nötig. Eltern können diese Punktevergabe zu jedem Zeitpunkt verfolgen. Zu einem späteren Zeitpunkt werden auch die Schülerinnen und Schüler ihren Punktestand in der Class Dojo App ansehen und mit anderen vergleichen können. Bis dahin bleibt ihnen nichts anderes übrig, als ihren Punktestand auf der Schultafel zu verfolgen. Ist das nicht wunderbar?!
„Ich wiederhole mich nicht gerne“
Falls Sie, so wie ich, nicht gerade auf Anhieb verstehen, wozu der ganze Aufwand gut sein soll, dann konsultieren Sie doch kurz die Website von Class Dojo. Dort finden Sie kurze Motivationsfilmchen mit dem gleichen Gedudel im Hintergrund wie in den Werbespots des Apfel-Konzerns. Da sagt dann Emily Wood, eine Grundschullehrerin, dass sie keine Lust hat sich zu wiederholen: „Ich war auf der Suche nach etwas, mit dem ich meine Schüler in ihren guten Verhaltensweisen motivieren und inspirieren konnte, ohne es ihnen immer wieder sagen zu müssen.“
Sich selbst zuhören wäre manchmal heilsam
Oder Evan Wolkenstein gibt in einem anderen Video öffentlich zu, dass er als Lehrer nicht geeignet ist, weil er ohne diese Software nicht mehr daran erinnert würde, was in Bezug auf den Unterricht wichtig ist. Ausserdem sei es für die High-School-Kids eminent wichtig, zuhören zu lernen, damit sie sich gegenseitig auf gleicher Höhe begegnen… Zuhören? Hört dieser Mensch eigentlich auch sich selbst zu? Oder hört er nur ab und zu rein, während ihm dieses pseudo-intellektuelle Geschwafel aus dem Mund quillt?
Zeit durch Software ersetzen
Class Dojo soll ein Spass für die ganze Familie sein. Schliesslich können die Eltern in Echtzeit verfolgen, wie sich die Sprösslinge im Unterricht entwickeln. Und die Eltern scheinen das zu schätzen, weiss die Grundschullehrerin Kendra Franks: „Viele Eltern meiner Kinder haben zwei Jobs zu bewältigen und können sich durch die wöchentlichen Berichte auf dem Laufenden halten. So kann ich mit ihnen kommunizieren. Es geschehen so viele Dinge durch die Woche, dass es schwierig ist. sich daran zu erinnern, was letzte Woche war…“ Automatisch generierte Berichte nennt eine Lehrerin „Kommunikation“. Noch Fragen?
Kinder werden zu Konkurrenten
Wenn ich mir diese Werbesprüche anhöre, dann scheint es Bedarf für die Bewertung von Lehrpersonen geben. Aber seien wir mal nicht so. Die meisten Lehrkräfte, die diese Software verwenden, sind so jung, dass sie halt nichts anderes kennen – digital Na(t)ives. Und damit könnte man es auch bewenden lassen, aber ich finde schon, dass man diesem jungen Gemüse sagen sollte, was es damit verursacht: Damit werden aus Kindern Konkurrenten, man fördert damit von Kindesbeinen an die Vorstellung, dass sich alles Wichtige im Leben auf 4,7 Zoll abspiele und man quetscht in die Beziehung zwischen Menschen ein Stück Plastik rein.