Sehr, sehr traurig

Netzneutralitaet

Äpfel, neutral im Netz. Quelle: Wiki Commons

Netzneutralität – hört sich nett an und könnte eigentlich in der Schweiz erfunden worden sein. Da muss man wohl dafür sein und eigentlich sollte man Balthasar Glättli also danken, dass er sich des Themas angenommen hat. Trotzdem, richtig glücklich bin auch ich nicht, so wie die Diskussion gerade läuft.

Ein Besuch auf www.netzneutralitaet.ch reicht eigentlich, um zu zeigen, was ich meine. Dort erklärt uns die „Arbeitsgruppe Netzpolitik“ der Grünen, was sie unter nicht neutralem Verhalten im Internet versteht. Besonders krass findet sie etwa, was sich die Telefonbude Orange so leistet. Jugendliche, die dort ein vergünstigtes OrangeYoung-Abo gelöst haben, müssen nämlich „fürs Streamen von Musik […] den Orange-Partner Spotify nutzen.“ Schrecklich, nicht?

Aber was passiert hier wirklich? Selbstverständlich schreibt Orange den lieben Kleinen nicht wirklich vor, ihre überteuerten Beats-Kopfhörer mit Musik von Spotify zu malträtieren. Sie könnten durchaus andere Anbieter nutzen. Nur, dann müssen sie für die transportierten Daten eben bezahlen. Das nennt sich jetzt wahrscheinlich verdeckte Diskriminierung und selbstverständlich sollten wir das jetzt sehr, sehr traurig finden. Diese armen Kinder heutzutage – die werden auch wirklich komplett in ihrer persönlichen Entfaltung als Konsumenten beschnitten.

Aber das ist natürlich alles Käse oder zumindest Pipifax. Es gäbe weissgott zwingendere Exempel, an denen sich das Thema aufhängen liesse. Aber die sind wahrscheinlich zu abstrakt fürs Volk und zu gross für die Partei. Wie wäre es etwa, über Google als grössten Diskriminator im Netz zu reden? Wer nicht in die Algorithmen respektive ins Geschäftsmodell dieser Suchmaschine passt, wird bekanntlich gnadenlos diskriminiert. Er existiert einfach nicht, weil er bei der Suchanfrage nicht auf den vorderen Plätzen landet. Da hilft es dann auch nicht, wenn die Daten neutral und gratis transportiert werden.

Ähnliches liesse sich über viele dieser lustigen Web2-Dienste erzählen, auf die die Menschheit nicht mehr verzichten zu können meint. Dort, liebe Leute, stecken die wirklichen Probleme, die wir so haben. Also hört bitte auf, populistische Rauchpetarden zu werfen und nennt die Dinge bei ihrem richtigen Namen.