In der Östrogen -Cloud

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(Pinterest, Raya Ramone)

Nicht dass ich die meisten dieser netten sozialen Netze aus Übersee nicht schon ausprobiert hätte. Aber ehrlich: Das, was ich dort bekomme, wiegt nicht auf, was ich dort verlieren könnte – meine Privatsphäre zum Beispiel. Ausser einigen voyeuristischen Momenten auf Facebook und raren amüsanten Augenblicken bei Youtube bleibt eigentlich nichts. Mit meinen Freunden trinke ich lieber ein Bier, als dass ich sie zuposte. Und, wenn ich ein sich selbst bewirtschaftendes Adressverzeichnis brauche, kriege ich das bei Xing. Dort ist zwar alles etwas weniger aufregend, dafür hat man das Gefühl, unter Erwachsenen zu weilen.

Besonders überschätzt finde ich Twitter. Was die Leute dort so meinen, in die Welt hinauspusten zu müssen… Offensichtlich gibt es aber jenseits der SMS einen Bedarf nach technisch handicapierter Kommunikation und nach so etwas wie einer geschützten Werkstatt für zelebrierten partiellen Analphabetismus. Wo wir grad beim Thema sind: Da wäre ja noch Pinterest. Dort muss man im Ernstfall wirklich nur noch einen Link kopieren, um sich sozial zu betätigen – eigentlich faszinierend. Ich beschliesse, kurz vorbeizuschauen.

Die Anmeldung geht ruckzuck, und die Logos der Partner zeigen gleich, wer sich hier alles an meinen Daten bereichert: Pinterest selbst natürlich und Facebook, Google und Twitter. Die Startseite sieht dann genau so aus, wie erwartet: ein Haufen lausiger Bilder aus den Handys der Gemeinde und ein paar gute aus den Produktkatalogen der Fabrikanten.

Nun geht ja die Sage um, dass Pinterest vor allem von Frauen genutzt werde. Also wechsle ich in die Abteilung „Beliebt“, und hoffe so, etwas über die Seelenlage der Durchschnittsnutzerin zu erfahren. Aha, EmmiMom zeigt mir stolz ihre Roasted Ranch Potatoes, Sara die Wedding Cake Toppers ihrer Lieblingskonditorei und Alexis präsentiert ihre neueste Tatoo-Kreation (Take those broken wings and learn to fly…).

Toll, ich bin also in der Östrogen-Cloud angekommen. Mal gucken, ob hier auch meine Favoritinnen verkehren. Uma Thurman jedenfalls fehlt, Felicitas Pauss ebenso. Dido hat eine mickrige Fanseite, der man ansieht, dass sie ihr vom Label aufs Auge gedrückt wurde. Spannende Frauen scheints auf Pinterest also nicht zu geben. Dafür wimmelt es von Langweilerinnen wie Oprah Winfrey oder Heidi Klum. Eigentlich, so denke ich mir, müssten dann auch eine Natalie Rickli oder eine Doris Leuthard hier zu finden sein. Aber nichts da, erstere korrespondiert sich offenbar lieber bei Facebook und Twitter ins Koma, als hier Bildli aufzuhängen. Und Frau Leuthard hat auf den ersten Blick weder hier noch sonst wo in der Sozialabteilung des Web etwas Originäres hinterlassen. Die Dame scheint Gescheiteres zu tun zu haben – immerhin.